Eine der Gefährdungen der Theologie besteht für mich darin, dass wir meinen, wir hätten etwas bereits erkannt, wenn wir nur den äußeren Gedanken erfasst haben, aber noch nicht der lebendigen Wirklichkeit begegnet sind, die dahinter steht. Diese Gefährdung ist nicht neu. Isaak von Ninive, ein syrischer Eremit aus dem 7. Jahrhundert, kennt sie und beschreibt sie so:
„Etwas Anderes ist das wirksame Wort, als bloße schöne Worte. Die Weisheit versteht es, auch ohne die Sachen selbst erfahren zu haben, ihre Worte schön auszuschmücken, die Wahrheit zu reden, ohne davon durchdrungen zu sein … wie das von einem Künstler an die Wand gemalte Wasser, welches den Durst nicht stillen kann.“ (1)
Malen wir noch oder trinken wir schon?
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(1) Isaak von Ninive: Erste Abhandlung über das tugendhafte Leben. Übersetzung von Gustav Bickell in: Bibliothek der Kirchenväter. Erste Ausgabe. Band 38. 1874 Kempten, S. 299