Johannes Tauler (ca. 1300 bis 1361 n. Chr.) war ein mystischer Prediger, der den Menschen zur Begegnung mit Gott verhelfen wollte. Diese Begegnung findet im Innersten des Menschen statt, das Tauler den „Grund“ nennt, und zwar durch die „Einkehr“, eine nach innen gerichtete Bewegung der Seele. Seine Ratschläge heben sich wohltuend von der damals in vielfältigen Formen gelehrten und geübten Askese ab, darunter auch exzessives Wachen. So empfiehlt er in einer Predigt, nach dem nächtlichen gemeinsamen Gebet noch einige Zeit für die Einkehr im Chorraum zu verweilen, führt dann aber aus:

„Lernet stets im Frieden bleiben … wird euch aber der Kopf schwer und fühlt ihr euch müde, so geht in eure Zelle, wo ihr am wenigsten gehindert seid, zu eurem Bett, oder legt euch darauf, und kehrt euch ganz zu euch selbst; in der bequemen Lage gelingt das besser denn sonstwo …

Widerfährt es dir, daß du während deiner Einkehr ein wenig schläfst oder wider Willen einnickst, beunruhige dich nicht; eine schlummernde Einkehr ist oft besser als viele äußere mit den Sinnen faßbare Übungen im wachen Zustand.“ [1]

[1] Johannes Tauler: Predigten. Übertragen und herausgegeben von Dr. Georg Hofmann. 1961 Herder Verlag, S 611.613

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