Da ich mich derzeit per Podcast am Gespräch über die Allversöhnung beteilige, will ich kurz die wichtigsten Basics zusammenfassen, die ich bei diesem Thema sehe und dich mich bei meinen Vorbereitungen leiten.

1) Ich stelle keine Positionen gegeneinander, sondern nebeneinander: auf der einen Seite die Lehre der Allversöhnung, wie Martin Benz und Martin Thoms sie vertreten, auf der anderen Seite die Sicht, die ich zunächst bei Paulus und dann auch in anderen Teilen der Bibel zu finden meine. Ich versuche, das möglichst fair und nachvollziehbar zu machen, damit auch die, die mit der Diskussion nicht vertraut sind, eine gute Grundlage für eine eigene Entscheidungsfindung haben.

2) Ich suche zuerst die gemeinsame Grundlage, erst dann stelle ich Unterschiede dar. Das Verbindende ist mir wichtiger als das Unterscheidende, denn nur auf dieser Grundlage können wir respektvolle und sinnvolle Gespräche führen.

3) Ich lege viel Gewicht auf die Entwicklungen in der Alten Kirche. Diese sind auch für uns von größerer Bedeutung, als im Allgemeinen bewusst ist. Positionen, die sich in den ersten Jahrhunderten durchgesetzt haben, haben anschließend die Geschichte der westlichen Kirche (einschließlich der Reformation und des Evangelikalismus) bestimmt oder beeinflusst. Wichtig ist dabei Folgendes: Heute würden die meisten denken, die theologische Trennlinie verläuft zwischen Allversöhnern auf der einen und Vertretern der traditionellen Höllenlehre auf der anderen Seite. In den Auseinandersetzungen der Alten Kirche gab es eine ganz andere Trennlinie: Auf der einen Seite stand die „offizielle“ Position der Kirche – ein wichtiger Vertreter war Augustinus –: Nur Getaufte (Gläubige) können in den Himmel kommen. (Eine Ausnahme gab es für Märtyrer, die hingerichtet wurden, bevor sie sich taufen lassen konnten. Ihr Martyrium galt als Bluttaufe.) Auf der anderen Seite standen alle, die weitergehende Möglichkeiten sahen, durch die auch Menschen, die ungetauft starben, zum Heil gelangen konnten. Wenn du also ein guter evangelikaler Christ bist, der fest überzeugt ist, dass auf Menschen, die unbekehrt sterben, die Hölle wartet, wenn du aber trotzdem der Meinung bist, dass auch Babys, die ungetauft sterben, in den Himmel kommen, dann wärst du damals schon nicht mehr auf der „richtigen“ Seite gewesen, sondern auf der Seite der Abweichler. Du säßest mit Allversöhnern und vielen anderen „Irrenden“, die weniger weit gingen, in einem Boot. Deshalb ist für mich der entscheidende Punkt nicht: Haben die Allversöhner recht?, sondern: Hat Augustinus recht oder darf ich auch für Menschen hoffen, die zu Lebzeiten nicht zum Glauben gekommen sind, und wenn ja, für wen und wie viele?

4) Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, gehe ich methodisch anders vor, als es Allversöhner und Vertreter der Höllenlehre meist tun. Wie ich in der vorletzten Folge meines Podcasts gezeigt habe, folgen sie einer „deduktiven“ Logik: Sie gehen aus von Prämissen (nicht zu hinterfragenden Voraussetzungen) und leiten daraus Schlussfolgerungen ab, die sie zu einem dogmatischen Gesamtpaket schnüren. Ich folge stattdessen einer weniger ambitionierten „induktiven“ Logik. Ich betrachte zunächst Einzelfälle: Von welchen Menschen oder Menschengruppen wird in der Bibel ausdrücklich gesagt, dass wir sie im Himmel treffen werden? Es wird sich zeigen: Das sind nicht nur die Gläubigen, und es sind mehr, als mancher denkt. Von weiteren konkreten Menschengruppen wird zwar nicht explizit gesagt, dass auch sie dabei sein werden, aber die biblischen Texte können so verstanden werden, dass diese Hoffnung nicht ausgeschlossen ist. Auf diese Weise werden wir viele Menschen entdecken, die – gesichert oder möglicherweise – der Hölle abhanden kommen. Am Ende werden wir feststellen, wie weit wir damit kommen, wie groß unsere Hoffnung sein darf. Sie wird auf jeden Fall über Augustinus hinausgehen.

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